Leinöl ist typisch für die Lausitz. Darum ist es nicht verwunderlich, dass hier eine ganz besondere Ölmühle steht - die Holländermühle, die als letzte produzierende Dreifachwindmühle auf eine außergewöhnliche Weise Öl herstellt, im Nass-Trocken-Verfahren.
Zusammen mit Susanne Reid vom Magazin Märkischen Lebensart traf ich Thomas Bohnhage vom Mühlenverein, der sich zusammen mit anderen Mitgliedern um die Rettung, und inzwischen Bewirtschaftung, dieser einzigartigen Windmühle engagiert. Von 1910 bis 1974 und nun wieder seit 1995 wird in Straupitz Leinöl auf alte Weise gewonnen.
Gleich zu Beginn unserer Besichtigung der Dreifachwindmühle, begegneten wir Müller Schmidt, der uns in die Ölmühle einlud. Der komplette Ablauf vom Schroten bis zum Pressen des Öls dauert etwa 50 min. Da es gerade Zeit zum Pressen war, wollte er uns diesen Vorgang zeigen. Also sind wir rein in die gut schnuppernde Stube.
Als die letzte produzierende Dreifachwindmühle in Europa zählt die Holländer-Windmühle in Straupitz zum Europäischen Kulturerbe.
Susanne Reid Herr Schmidt, Sie sind Müller und zeigen uns wie hier Öl gemacht wird.
Raik Schmidt Genau. Wir haben einen traditionell historischen Ablauf, welchen sonst keiner in Deutschland anwendet. Durch das Nass-Trocken-Verfahren gehen die Bitterstoffe raus.
Der Leinsamen wird zuerst geschrotet, nassgemacht und nach einigen Minuten Einwirkzeit wird die Masse hier getrocknet. Das dauert etwa 30 min. Hier unten haben wir ein Holzfeuer und wenn ich jetzt hier ziehe, hebt sich das Rührwerk und muss ich mich beeilen den Leinsamen von der Feuerplatte wegzunehmen.
Unten das Holzfeuer und oben die sich ständig bewegenden Flügel - die Trocknung des Leinsamenschrotes benötigt etwa eine halbe Stunde. Während der Trocknung werden die Bitterstoffe geknackt und das später gewonnene Öl schmeckt besonders mild.
Im Holzbottich kühlt der Leinsamschrot ab.
Das Spreewaldgold aus Straupitz
Raik Schmidt So wie wir hier produzieren, hat der Müller vor über 100 Jahren bereits Leinöl produziert - mit derselben Technik. Was hier an Technik steht, ist alles original. Darauf sind wir sehr stolz. Das einzige was geändert wurde, ist die Hydraulik. Damals wurde mit Wasserdruck gearbeitet und dafür gibt es keine Ersatzteile mehr. Deshalb arbeiten wir mit einer Ölhydraulik.
Das Leinsamenschrot wird gleichmäßig verteilt und etws angedrückt.
Raik Schmidt In den Pressformen liegen helle Filtermatten damit haben wir später weniger Schwebstoffe. Die Filter von früher wurden aus Tierhaaren hergestellt, z.B. von der Italienischen Langhaarziege. Die Reinigung der Matten war damals nicht ganz einfach. Das sieht heute anders aus. Die Filter sind schon modern und synthetisch hergestellt und gut sauber zu machen, einfach unter klarem Wasser abkärchern, das braucht keine Chemie.
Die Metallplatten besitzen kleine Löcher und werden auf die Filtermatten gelegt.
Dann kommt der große Hammer zum Einsatz. Das Metallsieb steht unter Spannung und muss mit einer gewissen Kraft in die Form gebracht werden. Jetzt können die Formen senkrecht in die Stempelpresse gestellt werden.
Raik Schmidt Eine solche Pressform wiegt 50 kg. Damals hat man noch sehr massiv gebaut und es ist nicht leicht zu heben.
Das Leinöl wird mit einem Druck bis 300 bar gepresst. Die Temperatur während des Pressvorganges liegt bei etwa 25 °Celsius. Damit ist das Straupitzer Leinöl kalt gepresst. Der Pressvorgang selber geht relativ schnell, nach 3 bis 4 min ist das Öl erzeugt.
Müller Raik Schmidt von der Leinölmühle Straupitz
Raik Schmidt Durch den geringen Druck erhalten wir ein sehr hochwertiges Öl. In der Industrie wird mit dem dreifachen Druck gearbeitet und dann erhält man aus 10 kg Leinsaat 3 - 3,5 l Öl. Wir hingegen erzeugen nur bis zu 2,5 l Leinöl.
Das Öl wird noch gesiebt und dann in Flaschen abgefüllt. Etwas anderes machen wir mit unserem Leinöl nicht. Es handelt sich um ein 100% natürliches Produkt. Es ist naturtrüb und hat eine geringe Haltbarkeit von fünf Wochen im Kühlschrank. Wenn man merkt, dass man es nicht in der Zeit aufbrauchen wird, friert man das Öl, am besten portionsweise, im Tiefkühler ein. Bis zu einem Jahr kann es dort bleiben.
Auf Grund der kurzen Haltbarkeit findet man unser Öl nicht im Supermarkt. Wir verschicken direkt frisches Öl, das kann man online bestellen oder man ruft an. Alles andere würde keinen Sinn machen.
Der Presskuchen wird geschreddert und ist ein vorzügliches Tierfutter. Gerade Pferde bekommen davon glänzende Haare.
Nach dem Rundgang ging es in die Hütte, hier gibt es das Leinöl in Glasflaschen zu kaufen. Verschickt wird es in Plastik. Außerdem kann hier ein rustikales Mittagsmahl eingenommen werden. Kartoffeln mit Quark und reichlich Leinöl - das ist DIE Lausitzmahlzeit und wir probierten natürlich. Entgegen aller bisher gemacher Erfahrung, dieses Leinöl schmeckt einfach gut, mild nussig mit einem feinen Leingeschmack.
Leinöl, das weckt bei den einen schöne Erinnerungen an das einfache, wie auch bekannte Gericht Quark und Leinöl. Und bei den anderen, sind jene frühen Kinderzeiten, als diese Mahlzeit aufgetischt wurde, eher negativ besetzt. Vielleicht, weil Leinöl schnell bitter wird und nur wirklich frisches Öl einen angenehm nussig-leinöligen Geschmack hat. Es gibt sicher genug Leute, die trotz der bitteren Note, das Öl verzehrten. Schließlich hatte man es gekauft und wegwerfen wäre schade. Was ein an sich guter Ansatz ist, brachte bestimmt etliche Kinder dazu, Leinöl abzulehnen.
Leinöl, das ist als gesund bekannt, aber nun ja, selber essen mochte ich es eigentlich nicht. Schon gar nicht pur. Jetzt bin ich froh, hier in Straupitz ein Leinöl kennengelernt zu haben, das mir schmeckt. Und damit es lange frisch bleibt, stellte ich die zweite Flasche in den Tiefkühler. Kontakt Mühlenverein Holländermühle e.V.
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